Abb.: Osteotom Original, Leihgabe Universität Zürich, Institut für Evolutionäre Medizin (IEM), Inventarnummer MHSZ 2637
Bernhard Heine und Johann Georg Heine
Geniale Erfinder revolutionieren die Orthopädie und machen Würzburg zur Wiege der Prothetik.
Bernhard Heine (1800-1846)
Wissenschaftler, Erfinder und international gefragter Arzt
Mit Bernhard Heine, der aus Schramberg im Schwarzwald stammt, begegnet uns ein Mediziner, der in der medizinischen Fachwelt zunächst im Schatten seines berühmten Onkels und Schwiegervaters Johann Georg stand. Diese letztere Tatsache hat wohl darin ihren Grund, dass der Neffe seine medizinische Laufbahn unter der Protektion des Onkels am Würzburger Karolinum begann, sodass sein Aufstieg vom Sohn eines Weißgerbers zu einem in ganz Europa bedeutenden Arzt und Forscher schon nicht mehr so ungewöhnlich war, wie der des Messerschmiedes Johann Georg Heine zum bedeutendsten Orthopäden des 19. Jahrhunderts.
Europaweit wird Bernhard Heine 1830 durch die Erfindung des Osteotoms bekannt. Die Knochenchirurgie arbeitet bis dahin weitgehend mit Hammer und Meißel, oder - beispielsweise bei der Öffnung der Schädeldecke - mit dem Trepan, einer Art Bohrer. Es ist das Verdienst Bernhard Heines, nach jahrelangen Versuchen den Chirurgen seiner Zeit ein Instrument an die Hand zu geben, das die operative Technik revolutioniert.
Bernhard Heine starb in Würzburg; seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten Würzburger Friedhof.
Johann Georg Heine (1771-1838)
Orthopädietechniker, Autodidakt, Arzt, Professor, Hofrat, Tischgenosse des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe
Der Gastwirtssohn aus Lauterbach wird vom Messerschmied zum Vater der Orthopädie. Nach den Wanderjahren, die ihn durch ganz Deutschland führen, kommt er 1798 als Instrumentenmacher für die Universität nach Würzburg und betreibt eine erfolgreiche Werkstätte zur Herstellung von Prothesen aller Art.
Johann Georg Heine erhält 1798 vom Fürstbischof Georg Karl von Fechenbach die Erlaubnis für die Errichtung einer Werkstatt zur Herstellung von chirurgischen Instrumenten und Bandagen. Anfang des 18. Jahrhunderts eröffnet Johann Georg Heine in Würzburg die erste orthopädische Heilanstalt auf deutschem Boden. Das Institut wird nach 1822 als Karolineninstitut - die bayerische Königin Karoline hatte die Schirmherrschaft übernommen - weithin bekannt.
Entsprechend seinem Lehrauftrag als Demonstrator der Orthopädie entwickelt Johann Georg Heine ein ganzes System von Modellen und Apparaten, die er in einer umfangreichen Veröffentlichung unter dem Titel „Modellenkabinett“ ausführlich vorstellt. Es handelt sich um „Figuren, die äußere Form des menschlichen Körpers (nachahmend)... an jeder Figur eine besondere orthopädische Krankheitsform in elastischer Construktion, und zum Teil nach den Kurstadien abgetheilt, im verjüngten Maßstabe vorgestellt...“ Es sind aus Holz geschnitzte Puppen, etwa 30 bis 40 cm groß, deren Thorax, Wirbelsäule und Rippen in Metall ausgeführt und einzelne Teile mit Stahl- und Spiralfedern miteinander verbunden sind. Mit Hilfe dieser Puppen stellt Heine die unterschiedlichsten krankhaften Veränderungen des Körpers, aber auch Knochenbrüche an Armen und Beinen dar. In einer weiteren Abteilung des Kabinetts stellt er die zur Heilung nötigen und von ihm erfundenen oder verbesserten Apparate und schließlich auch die Anwendung dieser Apparate bei den jeweiligen Figuren vor. Ein Satz der Heine'schen Figuren und Modelle geht auf Bestellung des russischen Zaren Alexander 1825 zu Ausstellungszwecken nach St. Petersburg. Die Würzburger Sammlung war auf dem Speicher des Juliusspitals bis 1945 aufbewahrt. Sie wurde beim Fliegerangriff am 16. März 1945 vernichtet. Nur einige wenige Fotos sind erhalten.
Johann Georg Heine starb in Würzburg; seine Grabstätte befindet sich auf dem Alten Würzburger Friedhof.
Abb.: „Heine-Puppen“ Originalgetreuer Nachbau auf Grundlage von Fotos der historischen Heine-Puppen von ca. 1840
Abb.: Chirurgische Säge für Amputationen
Abb.: Futteral für Osteotom
Abb.: Karolineninstitut Würzburg